(Offb 2,8-11 - Wer hört, glaubt. Wer glaubt, bleibt standhaft)
Move 1 Der Hörende von Toni Zenz
Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.
Liebe Gemeinde, ich habe euch ein Bild mitgebracht. Toni Zenz, ein deutscher Bildhauer, hat 1952 eine Skulptur angefertigt, die den Namen „der Hörende“ trägt. Wir lassen es mal kurz auf uns wirken.
STILLE:
Folgende Gedanken kommen mir dazu: der ganze Mensch ist zum Hörenden geworden. Die Hände hat die Gestalt wie riesige Ohrmuscheln hinter den Kopf gelegt. Die hoch aufgerichtete und schmale Form, alles ist auf das eine Ziel ausgerichtet. Die Augen sind scheinbar sehr nach innen gewandt, sie nehmen zugleich auch über sich etwas wahr. Sie leuchten richtig. Was mögen sie da oben sehen? Pause
Die Zeit steht still.
Für mich verkörpert diese Skulptur das, was beten meint, nämlich auf das hören, was Gott mir sagen möchte. Ganz und gar fühlen: ich bin nicht allein.
Gott meint es gut mit mir. Er hat etwas mit mir vor.
Allein: es fehlt oft an genau diesem Hören, glaube ich. Wir reden und reden und hören uns so gern oft selbst reden. In der Geschäftigkeit des Alltags merkt man oft gar nicht, wie aufgewühlt man ist. Und alles, was es doch eigentlich bräuchte, ist, Gottes Wort zu hören. Es von den anderen Worten zu unterscheiden, die wir den ganzen Tag über hören, ist schwer und verlangt , dass man sich Zeit nimmt, sich zurückzieht und mit Gott die Zweisamkeit sucht.
Hören und Zuhören ist wichtig, um überhaupt glauben zu können.
Move 2 Anfechtungen des Lebens
Durch einen vollen Terminkalender ist das Hören gefährdet, der Glaube ist gefährdet. Oft ist vieles einfach wichtiger. Und dann gibt es auch diese Phasen, in denen man ins Zweifeln kommt.
Ein Glaube ohne Zweifel gibt es nicht, kann es nicht geben und doch wünschte man sich, standhaft zu sein gegen alle Versuchungen und gegen alle Ängste vor der Zukunft. Im Privaten wie auch in der Politik und Gesellschaft. Was wird aus mir? Was wird aus der Welt? Mit Gottes Schöpfung, mit dem Weltfrieden? Viele Menschen verzweifeln an den globalen Problemen. Überall auf der Welt gibt es verheerende Terroranschläge. Menschen sind auf der Flucht. Demagogen von „rechts“ gehen mit scheinbar „einfachen“ Lösungen auf Stimmenfang. Der Teufel treibt sein Spiel, bringt Menschen in Bedrängnis.
Wie soll das nur enden? Eine gute Frage zum Ende des Kirchenjahres.
Zukunftsangst, ein durch und durch unsicheres Gefühl, hatte auch eine kleine Gemeinde in Smyrna. Sie bekommt das zweite der sieben Sendschreiben des Sehers Johannes an die Gemeinden in der Provinz Asien. Hören wir, was er ihnen schreibt.
Offenbarung 2,8-11
8 Und dem Engel der Gemeinde in Smyrna schreibe: Das sagt der Erste und der Letzte, der tot war und ist lebendig geworden:
9 Ich kenne deine Bedrängnis und deine Armut – du bist aber reich – und die Lästerung von denen, die sagen, sie seien Juden, und sind's nicht, sondern sind die Versammlung des Satans.
10 Fürchte dich nicht vor dem, was du leiden wirst! Siehe, der Teufel wird einige von euch ins Gefängnis werfen, damit ihr versucht werdet, und ihr werdet in Bedrängnis sein zehn Tage. Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.
11 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt! Wer überwindet, dem soll kein Leid geschehen von dem zweiten Tode.
Move 3 Anfechtungen der frühen Gemeinde
Dem Engel der Gemeinde schreibe, so beginnt der Predigttext. Ein schöner Gedanke, dass Gemeinden einen „Engel“ haben. Wir etwa auch?
Vielleicht muss man ja in schwierigen Zeiten leben, um auf so einen Gedanken zu kommen. „In wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über dir Flügel gebreitet“ heißt es in dem bekannten Lied „Lobe den Herren“.
Ja, Gott breitet seine Flügel über uns als Gemeinde, er schickt Engel, die uns behüten und begleiten. Das gilt gerade dann, wenn die Zeiten schwierig sind. Wir stehen vor großen Herausforderungen, Tag für Tag, im Privaten und in der Welt und wir fragen uns vielleicht auch als Gemeinde: was können wir schon tun?
Johannes will die Gemeinde trösten und stärken. Er sieht die Not und schreibt, dass Christus ihre Not sieht. Die kleine Gemeinde in der Stadt hat es tatsächlich schwer.
Die Christen leben in Armut und werden im Alltag ausgegrenzt. Innerlich ist sie durch ihren Glauben lebendig und reich, doch äußerlich hat sie viel zu verkraften. Zum einen stehen die Christen wegen der geforderten göttlichen Verehrung des römischen Kaisers vor einem Gewissenskonflikt: Wer Widerstand leistet und seinem im Glauben gebundenen Gewissen folgt, gilt als politisch verdächtig, wird ausgegrenzt und verliert oft auch seine wirtschaftliche Basis durch das Abbrechen der Geschäftsbeziehungen. Das ist eine schwere Lage. Für Christen gibt es nur einen Herrn, den sie verehren und anbeten – Jesus Christus. Und nicht den Kaiser.
Außerdem gibt es heftige Auseinandersetzungen zwischen Christen und Juden in der Stadt. Der Streit ist durch das Heilsverständnis der Juden vorprogrammiert. Die Christen werden von Juden verfolgt, wie wir es im Brief lesen können.
Dass hier von den Juden als Versammlung des Satans die Rede ist, müssen wir als geschrieben hinnehmen. Ein problematischer Gedanke. Die Kritik an den Juden darf für uns heute keine Bedeutung mehr haben. Sie ist zeitbedingt. Dies deutlich zu machen, ist mir wichtig. Gerade heute, einige von euch wissen es sicher: ist in Deutschland ein staatlicher Gedenktag. der Volkstrauertag. Er erinnert an die Verbrechen der Naziherrschaft und die millionenfachen Opfer von Krieg und Gewalt ruft zum Frieden und zur Versöhnung auf. Das Schwarz-Weiß-Denken der Offenbarung muss aus dem geschichtlichen Horizont gedeutet und verstanden werden. Und der liegt hinter uns.
Das Verhältnis von Christen und Juden ist immer dadurch gekennzeichnet gewesen, dass beide eine unterschiedliche Heilsverheißung haben, die sie eigentlich voneinander trennen könnte, wenn beide nicht so sehr miteinander verbunden wären. Gott hat einen Bund mit dem Volk Israel geschlossen und es als sein Volk auserwählt. Das gilt. Auch wenn wir Christen darauf vertrauen, dass Gott seinen Bund in Jesus Christus mit allen Menschen geschlossen hat. Gottes Bund mit dem Volk Israel und Gottes Bund mit den Christen stehen nebeneinander. So verbindet uns eine ganz besondere Geschwisterschaft mit den Jüdinnen und Juden. Soviel dazu.
Anderen den Glauben abzusprechen und sie womöglich in Gottes Namen zu unterdrücken, gar zu töten, das ist nicht von Gott gewollt.
10 Tage wird die Gemeinde leiden müssen, Symbol für eine kurze Zeit. Aber schlimm genug.
Lassen wir uns daran erinnern: auch heute noch werden Christen in verschiedenen Erdteilen verfolgt. Das ist teuflisches Menschenwerk, da bin ich mir sehr sicher.
Südafrika ist zum Glück von diesem Terror verschont, den Fundamentalisten andernorts ausführen.
Move 4 Fürchte dich nicht
„Lasst euch nicht verwirren, fürchtet euch nicht, bekennt“.
So sieht die Antwort des Predigttextes aus. Verwirrung und Furcht aus den unterschiedlichsten Gründen sind weit verbreitet. Der Predigttext gibt eine klare Richtung vor: allem, was auf euch einstürmt, begegnet erst einmal, indem ihr zuhört. Indem ihr betet. Bleibt bei dem, der der Erste und Letzte ist, behaltet die Ohren offen, lasst euch nicht beirren. „Wer Ohren hat, der höre“
Noch einmal möchte ich euren Blick zur Figur des Hörenden lenken: sie ist nicht nur schlicht, sondern auch verletzlich. Sie hört aktiv zu, ist völlig ausgerichtet. Sie horcht in sich hinein und nach draußen. Nichts scheint die Figur mehr ablenken zu können. Sie ist ganz Ohr. Konzentriert und gesammelt. Sie zeigt, dass es um mehr geht, als um den reinen Hörvorgang. So wichtig er ist als Voraussetzung. Jetzt geht es darum, offen zu sein und zu bleiben für das, was von Gott kommt. Es ist mit allen Fasern aufzunehmen mit Gedanken, Verstand und Gefühl zu umkreisen. Eben ganz Ohr zu sein.
Vor der Wendung nach außen, vor dem Sich-einlassen auf die Welt und ihre Verwirrung muss der Blick nach innen stehen, die Frage: was sagt mir mein Gott?
Insofern ist der Text eine Gegenrede zum Aktionismus, der immer nach schnellen Lösungen und im galoppierenden Zeitgeist nach Anschluss sucht. Die Bedrängnis wird vergehen, der Glaube bleibt bestehen.
Der Glaube an einen Gott, der Mensch geworden ist in Jesus Christus. Er selbst ist es, der das sagt: Fürchte dich nicht. Er weiß, wovon er spricht: er kennt Bedrängnis, Not und Armut. Er kennt das Leben.
Move 5 Krone des Lebens
Was allein zählt am Ende des Kirchenjahres, am Ende des Lebens? Zu hören, zu glauben, standhaft zu sein. Reich ist, liebe Gemeinde, wer Gott hat, auf den man hören kann.
Und wer hört, kann auch glauben und bekommt die Kraft für alles, was das Leben an Herausforderungen für einen bereit hält. Und am Ende wird es dafür eine Auszeichnung geben. So der Text:
Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.
Es gibt zahlreiche Gründe, sich zu fürchten. Aber wir sollten nicht vergessen: wir gehören zu dem, der alle Zeit, Anfang und Ende in Händen hält. Hören wir auf sein Wort, das im Unterschied zu mancher anderen Stimme uns eben nicht treibt und hetzt. Wir tragen die „Krone es Lebens“ unsichtbar in uns, weil wir als Kinder Gottes auserwählt sind. Er mahnt uns, nicht abzulassen von unserem täglichen Gottesdienst, von unseren nur scheinbar so kleinen Werken, die wir in seinem Namen tun.
Amen