(Predigt zu Offenbarung Johannes 3,14-22)
Ihr seid nackt und arm! Ihr wisst es nur noch nicht. Ihr seid zu reich, um wirklich reich zu sein. Denn Reichtum macht arm! Nicht immer, aber es steckt wohl ein Stück Wahrheit und Erfahrung drin. Meine Oma hat oft gesagt: von den Reichen, mein Kind, kann mans Sparen lernen. Alles für sich behalten und nichts davon abgeben.
Im Predigttext für heute warnt der Auferstandene durch den Brief des Sehers Johannes die Gemeinde in Laodizea eben davor. Die Stadt Laodizea war zu der Zeit wohlhabend und hoch angesehen. Handel, Bildung und Bankenwesen florierten. Den meisten Menschen dort ging es richtig gut. Gerade das aber machte die Gemeinde in Laodizea träge und bequem. Sie hatten ja auch alles. Warum sollten sie etwas ändern?! In so eine Situation der Zufriedenheit spricht der Seher Johannes hinein. Mit den Worten des Auferstandenen möchte er die Menschen wach rütteln. Ihr Reichtum nämlich ist wertlos. Ja, er steht ihnen sogar im Weg. Er hindert sie daran, das Richtige zu tun.
Hört die Worte aus dem Brief an Laodizea im Buch der Offenbarung nach Johannes im 3. Kapitel (V14-22):
Lesen den Textes
14 Und dem Engel der Gemeinde in Laodizea schreibe: Das sagt, der Amen heißt, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Schöpfung Gottes:
15 Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist. Ach dass du kalt oder warm wärest!
16 Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.
17 Du sprichst: Ich bin reich und habe mehr als genug und brauche nichts!, und weißt nicht, dass du elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß.
18 Ich rate dir, dass du Gold von mir kaufst, das im Feuer geläutert ist, damit du reich werdest, und weiße Kleider, damit du sie anziehst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde, und Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du sehen mögest.
19 Welche ich lieb habe, die weise ich zurecht und züchtige ich. So sei nun eifrig und tue Buße!
20 Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.
21 Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden habe und mich gesetzt habe mit meinem Vater auf seinen Thron.
22 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!
Du sprichst: Ich bin reich und habe mehr als genug und brauche nichts!, und weißt nicht, dass du elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß (V17).
Nichtsahnend, völlig unvorbereitet müssen diese Worte die stolze reiche Stadt getroffen haben. Uuups. Was?
Die Gemeinde fühlte sich sicher, versorgt, mit sich und der Welt im Reinen. Was waren das für Worte nun?
Du bist vor Gott nackt und arm! Auch wenn du meinst, alles zu haben, du bist arm und unbekleidet.
Das deckte sich gar nicht mit der täglichen Erfahrung der meisten Menschen. Doch damit nicht genug. Noch mehr überraschende und erst einmal unverständliche Worte. Die Menschen sollen kaufen!
Ich rate dir, dass du Gold von mir kaufst, das im Feuer geläutert ist, damit du reich werdest, und weiße Kleider, damit du sie anziehst, […] und Augensalbe, […] damit du sehen mögest (V18). Du bist arm und nackt, darum kaufe geläutertes Gold, weiße Kleidung und Augensalbe. Was für ein komischer Auftrag.
Geläutertes Gold, weiße Kleidung und Augensalbe. Diese drei Dinge hatten aber für die Menschen von Laodizea eine Bedeutung.
Die weiße Kleidung spielt auf eine Besonderheit der Stadt an. In Laodizea wuchs Färberkrapp, auch echte Färberröte genannt, was genutzt wurde, um Kleidung purpur zu färben. Purpur war in erster Linie die Farbe des Kaisers und daher ein Zeichen wahren Luxus. Weiße Kleidung hingegen konnte jeder bekommen und war ein Zeichen von Reinheit. Wie heute auch noch. Nach den Worten des Auferstandenen aber ist die weiße Kleidung der purpurnen vorzuziehen, weil sie ein Zeichen dafür ist, mit Gott verbunden zu sein.
Die Augensalbe ließ die Laodizener an ihre medizinische Schule denken. Auch diese trug mit zu ihrem Reichtum bei und brachte der Stadt wissenschaftlichen Ruhm ein. Um Christus sehen zu können, sollen sie aber bei ihm selbst Salbe gegen ihre Blindheit kaufen.
Das Gold wiederum steht noch einmal für den Gegensatz ihres bisherigen (wertlosen) Reichtums und dem vom Auferstandenen empfohlenen: Einem geläuterten und somit unzweifelhaft wertvollen Gold, das auch vor Gott etwas bedeutet.
Also kauft, kauft bei mir, was euch wirklich nutzt! Die Gemeinde in Laodizea hat alle Möglichkeiten, Gutes zu tun und ihren Reichtum sinnvoll einzusetzen. Doch irgendetwas scheint sie zu hindern. Sie tun es offensichtlich nicht. So sei nun eifrig und tue Buße (V19b). Wie ist wohl so eine Aufforderung bei einer reichen und geachteten Gemeinde angekommen? Wir wissen es nicht.
Aber der Auferstandene schickt noch einen Hinweis mit. Welche ich lieb habe, die weise ich zurecht und züchtige ich (19a). Dass die Gemeinde diesen Brief bekommt, liegt eben daran, dass sie geliebt ist und der Auferstandene möchte, dass sie sich ändert. Und er lädt sich bei ihnen ein. Siehe, ich stehe vor deiner Tür und klopfe an. Wer mir aufmacht, zu dem werde ich hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten (V20). Und mehr noch: Der Auferstandene verspricht allen, die umkehren, mit ihm auf dem Thron zu sitzen (V21). Was für ein Versprechen!
Zuvor aber gibt es noch den Hauptvorwurf an die Gemeinde zu überwinden: Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist (15). Die Gemeinde sei also lauwarm, nicht eindeutig, nicht richtig greifbar, nicht Fisch noch Fleisch. Und deshalb ist sie unbrauchbar und ungenießbar.
Lasst es euch auf der Zunge zergehen: ein Glas Wasser, das den Tag über in der Sonne stand, ein lauwarmer Kaffee am Morgen und handwarme Cola im Schwimmbad. Definitiv nichts, was man haben will.
Sie sind wie Menschen, deren Handschlag schlaff ist, die sich bei jeder Entscheidungsfrage irgendwie hinauswinden, die nicht mit anpacken und nicht mitreden wollen. Davon gab es in Laodizea wohl eine ganze Menge. Bei allem Reichtum und aller Entschlossenheit, die die Menschen dieser Stadt zeigten, fehlte es ihnen offenbar an Mut zu einem offenen Bekenntnis. Den Christen der Stadt war ihre Überzeugung vermutlich nicht oder nicht deutlich genug anzumerken. Ach dass du kalt oder warm wärest! (15b).
Nun, wenn die Christen dort nicht getauft wären, hätten sie diesen Brief nicht bekommen. Sie bezeichneten sich offensichtlich als Christen und waren in christlichen Kreisen bekannt. Noch dazu können wir heute rückblickend vermuten, dass es in dieser Stadt nie zu einer Christenverfolgung kam.
Geredet wurde also vielleicht doch standhaft und überzeugt. Ich bleibe aber an einem Wort des Auferstandenen hängen: Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist (V15). Sich mündlich zu Jesus Christus zu bekennen, ist das eine. Danach zu handeln das andere. Und vielleicht war es genau das, was den Laodizenern fehlte. Sie machten mit ihrem Bekenntnis nicht ernst. Sie handelten nicht, wie ihre Worte es behaupteten.
Aber ich bin lieber vorsichtig, sie zu verurteilen. Mein Leben zeigt an der einen oder anderen Stelle ähnliche Widersprüche. Ich bin manchmal schneller dabei, etwas zu sagen, als es dann umzusetzen.
Und bei einem Lied von dem Kirchenkabarett Duo Camillo fühle auch ich mich regelrecht erwischt: „Ich bin dafür“ heißt es und ich lese ein paar Textpassagen daraus:
Dass wir Hungernden was geben – ich bin dafür.
Dass die Armen besser leben – ich bin dafür.
Dass wir unsre Umwelt retten – ich bin dafür.
Doch dafür machen, dafür machen – tu ich nix.
Ich liebe Lippenbekenntnisse.
Ich bin dafür, doch dafür machen, tu ich nix.
Erwischt!
So sei nun eifrig und tue Buße! Immer nur reden und sich zu Jesus Christus bekennen und nichts tun, macht mich lauwarm. Denn ich weiß ja, was richtig ist, handle aber nicht danach. Wo ich aber auch nach meinen Überzeugungen lebe und was dafür tu, da kaufe ich Gold, weiße Kleider und Medizin.
Ich bin reich beschenkt. Ich bekomme regelmäßig Gehalt, habe Anspruch auf Urlaub, immer mehr als genug zu essen, eine Wohnung und mehr Kleidung, als ich tragen kann. Ich bin reich beschenkt.
Vielleicht nicht im Vergleich zu den Reichen und Schönen unseres Landes. Aber auf jeden Fall im Vergleich zur großen Mehrheit der Menschheit. Dieses Geschenk an mich reicht für mehr. Ich kann und muss damit anderen helfen, ansonsten bin ich als Christ nicht glaubwürdig. Ja, ansonsten macht mein Reichtum mich arm. Er macht mich zufrieden und träge. Und das in einer Welt, in einem Land, in dem Menschen hungern und verzweifeln. Ich habe die Möglichkeiten zu helfen und bei Jesus Christus zu bekommen, was mich wirklich reich macht. Den Menschen auf der Straße etwas zum Essen oder ein paar Rand abzugeben, schmerzt mich finanziell keinesfalls.
Jeder Rand aber bewirkt Gutes bei anderen. Wenn ich einem alten Menschen, der einen Fahrdienst braucht zum Arzt oder zum Einkaufen, helfe, kostet mich das beinahe nichts, hilft demjenigen aber sehr. Wenn ich meinem Enkel ein paar Stunden mit ihm schenke, tut uns das beiden gut. Beim Umzug zu helfen, kostet Kraft und Zeit, hat mir aber immer Freude gemacht. Wie jungen Eltern ein wenig unter die Arme zu greifen mit Windeln, Essen oder Kleidung sogar noch mehr. Bei sozialen Projekten gemeinsam Menschen in Not zu helfen, verändert etwas in mir.
Und wenn ich drüber nachdenke: Nichts davon macht mich ärmer. Aber es bereichert mein Leben und lässt vielleicht ein wenig geläutertes Gold blinken. Auf jeden Fall aber reinigt und öffnet es meine Augen für die Menschen um mich.
Ob dies heute und hier nur gute und überzeugende Worte sind oder eben ein wahrhaftes Bekenntnis zu meinem Christsein, wird sich in meinem Handeln morgen zeigen. Nicht mehr und nicht weniger. Gott helfe mir.
Amen