( Predigt Lukas 1,67-79 ) [ Preek in Afrikaanse ] [ Abkündigungen539.38 KB ]
Liebe Gemeinde,
die dritte Kerze brennt. Seit heute sind mehr Türchen am Adventskalender geöffnet als geschlossen. In der Mitte der Adventszeit ist alles ausgerichtet auf die Geburt des Kindes.
Aber während wir uns auf Jesu Geburt vorbereiten, spricht der biblische Text in der Predigt von der Geburt eines ganz anderen Kindes. Es geht um Johannes, der später einmal Menschen zur Umkehr rufen und taufen wird, damit sie bereit werden für das Kommen des Messias.
Der Text ist das Loblied seines Vaters Zacharias.
Lesen des Textes.
Zacharias sieht: Gott wird sein Volk besuchen, um es zu erlösen. Das Licht aus der Höhe wird für alle scheinen, die im Dunkeln und im Schatten des Todes sitzen. Alle sollen Frieden finden. Und sein Johannes wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Er wird die Menschen darauf vorbereiten, dass Gott kommt.
Elisabeth ist froh, als sie ihren Mann diese mit Hoffnung erfüllten Worte sprechen hört, denn seit Monaten war er verstummt.
Und wie könnte sie darüber denken? Vielleicht so:
„Endlich hat Zacharias seine Sprache wiedergefunden. Vielleicht hat er es bis zum Schluss nicht glauben können, dass ich in meinem Alter noch ein gesundes Kind zur Welt bringen werde. Johannes heißt unser Sohn – Gott ist barmherzig. So hat es der Engel gesagt. Ich könnte mir keinen schöneren Namen vorstellen. Er ist ein Geschenk des Himmels.
So hoffnungsfroh habe ich Zacharia auch vorher lange nicht mehr reden hören. Und jetzt hält er den Kleinen auf dem Arm und spricht zuversichtlich und voller Hoffnung. Er ist sich wieder sicher, dass wir bald in Frieden und Freiheit leben werden. Er vertraut neu darauf, dass Gott sein Versprechen einlösen wird.
Mein Mann hat die Zeit der Stille vielleicht gebraucht. Hoffnung braucht schließlich Zeit, um zu wachsen. Gut, bei mir ging es ein bisschen schneller. Aber mit dem Kind in mir war die Hoffnung auch näher. Denn als ich mein Kind gespürt habe, als die schwangere Maria zu Besuch war, hat sich eine Gewissheit wie ein warmer Mantel um mich gelegt: Mein ganz persönliches Glück ist Teil einer großen Bewegung. Mit unseren Kindern hat Gott noch einmal ganz neu begonnen. In ihnen zeigt er sich anders als wir es uns vorgestellt haben, zarter und auch verwundbarer. Gott ist barmherzig – Johannes. Was das wohl für die Zukunft heißt?“
Etwa 30 Jahre später ist aus dem Kind Johannes der Täufer geworden. In der Wüste sammelt er Menschen um sich, die keine Hoffnung mehr haben, die an der Welt und ihrem Leben verzweifeln.
Johannes hat viele Menschen erreicht, weil er sie an ihre Sehnsucht nach einem anderen Leben erinnert hat.
Aber wie kann ein anderes Leben aussehen, wenn man aus der Wüste wieder in seinen Alltag mit seinen Zwängen zurückkehrt? Nicht jeder ist bereit, so radikal wie Johannes zu leben und die Sicherheit seines Lebens aufzugeben. Dies zu fordern ist für die meisten eine Überforderung.
Aber wenn wir in die Welt schauen… kann sie sich ändern ohne radikale Umkehr? Kann Gott mit dem Licht aus der Höhe all die Dunkelheiten der Welt vertreiben, wenn die Menschen sich damit abgefunden haben, im Schatten des Todes zu leben? Kann er unsere Füße auf den Weg des Friedens richten, wenn wir uns lieber auf Macht und Gewalt verlassen?
Elisabeth und Maria haben geahnt: Gott will noch einmal ein neues Kapitel
in seiner Geschichte mit den Menschen beginnen, und zwar radikal anders: zarter und verletzlicher will er seine Barmherzigkeit zeigen, berührbar für menschliche Ängste und Grenzen möchte er sein.
Sein Weg zum Frieden ist der Weg Jesu. In Leben sehen wir, was das Licht aus der Höhe bedeuten und bewegen kann. Mit Jesus setzt Gott nicht auf Revolution, sondern auf Verwandlung. Machs wie Gott: werde Mensch, ist die Botschaft, die mit Jesus kommt.
Es ist klar, dass man zu Freiheit und Frieden niemanden zwingen kann, aber jeder Mensch ist doch irgendwie berührbar in seinem Herzen. Wo Menschen spüren, dass das Leben schön und auch zerbrechlich ist, da kann und wird sich die Welt von innen heraus verändern. Das ist Jesu Botschaft, die er mit seinem Leben bezeugt hat und für die Johannes den Weg bereitet hat: Gott ist barmherzig, deshalb könnt ihr es auch sein.
In Jesus hat sich die Prophezeiung des Zacharias erfüllt, sie wurde für alle Zeit in die Welt hineingeboren. Denn Gott ist offensichtlich noch immer dabei, Wege zu finden, dass alle Menschen in seinem Licht leben können. Wer genau hinsieht, entdeckt seine Lichtspuren auch im eigenen Umfeld: Wenn Menschen wie Elisabeth erkennen, dass ihr persönliches Glück in einen größeren Zusammenhang eingebunden ist, werden sie berührbar für die Not anderer Menschen und versuchen ihre Freude zu teilen. Gottes Lichtspur zeigt sich, wo Menschen auf ihre eigene Begrenztheit und auf die anderer achten. Niemand braucht sich zu überfordern. Nur gemeinsam können wir Wege finden, dass niemand auf Kosten anderer leben muss.
Wo genau der Weg in eine helle Zukunft verläuft, ist manchmal trotz der Lichtspuren nicht einfach. Selbst Johannes hat den Menschen nur die Richtung weisen können: Umkehr.
Es reicht ja vielleicht die Bereitschaft umzukehren, wenn wir merken, dass unser Handeln die Welt nicht heller, friedlicher und freundlicher macht. Durch die Geschichte des Johannes werden wir ermutigt und dazu aufgerufen, dem Licht aus der Höhe entgegenzugehen, entlang der Lichtspuren Gottes, wie er uns entgegenkommt: berührbar, achtsam und bereit, immer wieder neue Wege zu suchen. Nicht nur mitten im Advent.
Jeden Tag beten in den Klöstern die Brüder und Schwestern in ihrem Morgengebet den Lobgesang des Zacharias. Jeder Tag mit seinen Anforderungen und Belastungen steht so unter der Verheißung, dass Gott mit seinem weihnachtlichen Licht die Welt verändern will. Ich kann mir vorstellen, dass, mit diesem Licht im Rücken, der Blick auf die Welt und die Menschen eine andere wird.
Vielleicht sind Klöster deshalb für viele ein Ort, an dem sie Frieden finden und gestärkt werden, weil sie dort Menschen begegnen, die im Licht dieser Verheißung leben und ihm dabei gleichzeitig entgegengehen. Geduldig, hartnäckig, Schritt um Schritt bereiten sie der Barmherzigkeit Gottes den Weg – weil sie sich denen zuwenden, die im Finstern sitzen oder im Schatten des Todes, und damit ihre Füße auf den Weg des Friedens richten.
Mitten im Advent ist eine gute Zeit, sich von unseren Schwestern und Brüdern in den Klöstern davon inspirieren zu lassen. Das Licht von Weihnachten weist uns schon den Weg. Friede auf Erden ist eine nahe Verheißung, Jesus ist zum Berühren nah.
In dieser Zeit kann man für den Rest des Jahres einüben, was es heißt, ein adventlicher Mensch zu sein, ein Mensch, der darauf vertraut, dass Gott barmherzig ist – und der deshalb wagt, es auch zu sein.
Amen