( Lukas 18, 1-8 ) - [ English ] - [Abkündigungen637.69 KB ]
Liebe Gemeinde, die Eltern unter uns wissen, wovon ich spreche. Man geht mit seinen Kindern in den Supermarkt oder besser noch: zu Toys R us… und eigentlich wollte man gar nichts für die lieben Kleinen kaufen, … aber dann… Mama, krieg ich das? Bitte… bitte… und sie schauen einen an mit ihren großen Augen… und eigentlich will man hart bleiben… aber, naja, man kauft es doch, damit die liebe Seele Ruhe hat.
Lesung Predigttext Lukas 18, 1-8 (Basisbibel)
Liebe Gemeinde, im Gegensatz zu meiner Erzählung aus dem Alltag mit Kindern eben, handelt es sich hier um ein Gleichnis, das Jesus erzählt. Die Ausgangssituation ist ganz ähnlich. Lukas selbst gibt das Thema des Gleichnisses gleich zu Beginn vor: Es geht darum, nicht nachzulassen darin, zu bitten und zu betteln, am Gebet dran zu bleiben.
Es gibt Gebete, die ich nur mitspreche, weil ich es muss. Manchmal hier im Gottesdienst, weil es alle tun. Manchmal am Abend. Weil ich der Meinung bin, das gehört sich so. Manchmal tut es einfach auch gut, sich in vorformulierte Gebete hineinzubegeben, weil mir selbst gerade die Worte fehlen und ich mich als Teil einer großen Gemeinschaft fühle mit den Worten, die Jahrhunderte vor mir schon da waren und mich auch überdauern werden.
Es gibt aber auch die Gebete, in die ich ein persönliches, ein dringendes Anliegen lege. In Zeiten der Stille, zu Hause und auch hier im Gottesdienst. Gebete, mit denen ich meine Betroffenheit, meine Bitten und Wünsche vor Gott bringe.
Jesus erzählt nun dieses Gleichnis.
Die Witwe hat ein sehr ernstes Anliegen. Vermutlich geht es um eine Erbangelegenheit. Und diese Witwe scheint sehr hartnäckig zu sein. Immer und immer wieder bedrängt sie den Richter. Ihm liegt nichts an dieser Witwe, an Gott übrigens auch nicht und er weist sie auch mehrmals zurück. Damals war eine Frau, noch dazu eine Witwe, es nicht wert, ihre Anliegen vor den Richter zu bringen. Doch sie gab nicht auf. Sie will nämlich Recht bekommen. Und dann? Dann wird es ihm zu viel. Er spricht der Witwe das gewünschte Recht zu. Aber nicht etwa, weil es ihm um Gerechtigkeit ginge. Nein: er ist von der Witwe genervt, will keine Mühe mit ihr haben – er fürchtet sich sogar davor, dass sie ihn schlägt. Sie lässt also nicht locker, und er will seine Ruhe haben. Die Witwe bekommt, was sie will, allein weil sie nicht aufhört zu bitten und den Richter zu bedrängen.
Jede und jeder von uns hat eigene persönlichen Anliegen. Vielleicht ist es eine Krankheit, die uns zu schaffen macht. Vielleicht eine berufliche Situation, die uns den Job kosten könnte. Eine uns wichtige zwischenmenschliche Beziehung, die kurz vor dem Scheitern steht. Die Situationen sind vielfältig. Allesamt geeignet, sie drängend und immer wieder vor Gott zu bringen. Eben so wie die Witwe. Immer und immer wieder. Und dann warten wir darauf, dass unsere Bitten und Wünsche erhört werden. Und manchmal gelingt das dann so, wie ich es mir vorstelle. Ich werde wieder gesund, ein Unglück wird abgewendet oder eine Situation wird nicht so schlimm, wie ich es befürchtet habe. Aber Gebete sind keine Zauberei. Und von daher machen wir auch oft die Erfahrung, dass unser intensivstes Gebet nicht zum erwünschten Erfolg führt. Unser Gebet bleibt dann scheinbar unerhört.
Einige geben dann auf, weil Gott scheinbar ihre Gebete nicht erhört. So, wie sie es wollten.
Aber Jesus ermutigt uns mit seinem Gleichnis: eben nicht aufzugeben. Immer und immer wieder unsere Anliegen vor Gott zu bringen. Denn er möchte eine Beziehung zu uns. Im Gebet bringen wir Gott unser Vertrauen entgegen. Mal danken wir, mal bitten wir, mal klagen wir, mal schreien wir und weinen wir. Mit all dem kommt Gott zurecht. Aber dran zu bleiben, auch wenn unsere Wünsche nicht erfüllt wurden, das ist schwer und wichtig. Es lässt sich nicht immer erklären, warum ein Gebetswunsch unerfüllt geblieben ist. Es ist auch müßig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Es gibt oft für uns keine erkennbaren Hindernisse und doch antwortet uns Gott nicht. Oder er tut es nicht so, wie wir es uns wünschen.
Von daher finde ich diese Zeile im Vaterunser so gut und so wichtig und richtig: Dein Wille geschehe. Nicht meiner. Deiner. Weil ich weiß, dass Gott mir Recht verschaffen will. Aber auf seine Weise. Nicht auf meine. Gebet meint, dass ich meine Sorgen, meine Bitten, meine Wünsche abgebe. Und sie zu seinen mache. Ich lege alles in Gottes Hände und das entlastet mich, weil mir Dinge manchmal einfach zu schwer werden. Gebete sind wertvoll.
Das andauernde Gebet kann dazu führen, eine Situation, die für mich schwer, vielleicht aussichtslos erscheint, erträglich zu machen. Wir können im Gebet die Quelle der Kraft erfahren, die uns aushalten lässt, weil die Welt, weil meine Welt nicht oder noch nicht so ist, wie sie sein sollte. Und unser Beten lässt uns eine stille Zeit erfahren
Und auch, wenn unser Gebet scheinbar nichts äußerlich verändert, bleibt doch der Gedanke, den Albert Schweitzer einmal so auf den Punkt gebracht hat: „Gebete verändern nicht die Welt. Aber sie verändern Menschen, und die verändern die Welt.“
Doch zu alledem gehört auch eine gehörige Portion des Glaubens. Beten heißt eben auch: Auf Gottes großes Versprechen zu vertrauen. Es heißt, über sich selbst und – so verrückt es sich anhört – über die Grenzen dieser Welt hinauszudenken und zu –hoffen.
wenn der Menschensohn kommt, wird er so einen Glauben auf der Erde finden?
Haben wir auch weiterhin die Kraft unsere Anliegen so beharrlich wie die Witwe vor Gott zu tragen? Oder haben wir aus Enttäuschung aufgegeben?
Viele Menschen haben heute ein Problem damit, an das zu glauben, was sie weder sehen noch anfassen können. Viel zu schnell sind sie vom Glauben ein Stück weiter entfernt, wenn die Erfüllung von Wünschen und Bitten nicht gelingt. Und in solchen Situationen hinein spricht Jesus. beharrliches Bitten lohnt sich. Für die Witwe hat es sich gelohnt. Sie kann uns dazu ermutigen, am Glauben festzuhalten, unentwegt zu beten und zu bitten. Zu beten hilft uns zu ertragen, was scheinbar unerträglich ist.
Und so bleibt doch eine Erkenntnis: Das Bitten und Drängeln unter Menschen können wir in der Regel relativ einfach beseitigen. Indem die Kinder einfach dieses Spielzeug bekommen und Eltern ihre Ruhe haben.
Unsere Anliegen, derer sich nur Gott aber kein Mensch annehmen kann, können und werden oftmals nicht sofort erfüllt. Sie haben vielfach einen anderen Sinn als den der Erfüllung.
Nämlich mein Leben ins Gespräch mit meinem Gott zu bringen.
Sein Versprechen gilt: Er wird uns schon bald zu unserem Recht verhelfen!
Amen.