2022-12-31 - Silvester - (DE) - Pfarrerin Nicole Otte-Kempf

( Röm 8,31b-39 ) - [ English ]


"Ich stehe zu dir", "ich halte zu dir, komme, was da wolle". Wie wunderbar sind diese Worte, wenn Gott sie mir zusagt. Wir hören im Römerbrief folgende Sätze, heute am letzten Abend des Jahres 2022 

TEXT Vorlesen

Diese Worte des Apostel Paulus wollen uns heute Abend über die Schwelle ins neue Jahr tragen. Und es kommt mir so vor, als wolle Paulus uns im Namen Gottes dies eine mitteilen: Ich halte zu dir. Wunderbar. Eben so, dass wir uns nicht selbst rechtfertigen müssen für das vergangene Jahr. Sondern so, dass es uns leicht fällt, uns zu öffnen. Unter diesen Worten können wir das Alte ehrlich anschauen. Wir können staunen über das, was war, und danken. Wir können Missratenes eingestehen, Leichtsinniges und Verkehrtes zugeben. Wir können Verwirrendes offenlegen. Dinge, mit denen wir nicht klar kommen. 

Gott ist für uns. Vielleicht wird es uns noch bewusster, was das bedeutet, wenn wir uns für einen Augenblick vorstellen, es wäre anders. Gott wäre gegen uns. Er würde zum Beispiel sagen: "Ich kenne dich; auch die Dinge, die du verbergen möchtest. Ich weiß, was ich von dir zu halten habe. Sieh zu, wie du klarkommst. Ohne mich. Ich bin gegen dich." Da zieht sich einem das Herz zusammen, wenn man so etwas hört. Jedenfalls geht es mir so. Normal, denn bei solchen Worten verschließen wir uns. Wir reagieren wahrscheinlich trotzig oder versuchen verzweifelt, uns zu rechtfertigen. Aber daran scheitern wir, weil wir die dunklen Seiten eben auch in uns haben. Jeder von uns. 

Nein. Gott ist für uns. "Ich halte zu dir". Das gilt. Wer so spricht, findet zwar nicht alles gut, was wir tun, reden und denken. Aber er will, dass es uns gut geht. Und er tut das Seine dafür. Gott setzt mit Jesus Christus auf die Liebe als Kraft, unter der das Gute aufblüht und die das Böse aushält, begrenzt und überwindet. Aus dem "Ich halte zu dir" wird zu Zeiten ein tröstliches "Ich halte trotzdem zu dir". Mit den Worten des Paulus ausgedrückt, heißt das: 

33Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht.

34Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja mehr noch, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und für uns eintritt.

Altjahrsabend. Die Stunden an der Schwelle zum neuen Jahr. 

Lasst uns noch einmal in 2022 zurückblicken.

Wir haben in diesem Jahr endlich wieder etwas durchgeatmet nach der Corona Pandemie, obwohl es noch nicht vorbei ist und immer wieder Menschen erkranken. Aber wie viele glückliche Gesichter konnten wir Heiligabend sehen, weil Familien wieder beieinander sein konnten. Und alle durften in die Kirche kommen – ohne Maske. 

Ansonsten war 2022 geprägt vom Ukraine – Krieg und damit verbunden die Preissprünge und Lieferengpässe: besonders in Kenia, Somalia und weiteren ostafrikanischen Ländern. Der historische Höchststand an Weizenpreisen bedroht Mio. von Menschen. Es fand die fragwürdige Fußball-WM in Katar statt. Nach starken Regenfällen im April kam es zu Überschwemmungen, die zusammen mit Erdrutschen mindestens 448 Menschenleben forderten. Loadshedding machte uns auch in diesem Jahr Sorgen. Und die nicht aufhörende Korruption in unserem Land. Weiterhin flüchten Menschen aus ihren Ländern wegen Kriegen, aber auch aufgrund von Extremwetterereignissen wie Dürren, Stürme und Fluten. Sie steigen durch Klimawandel rasant an. Queen Elisabeth II. ist in diesem Jahr gestorben. 

Und persönlich? Was hat dieses Jahr für mich gebracht? Was ist geblieben? Was hat sich verändert? Wen hast du verloren, wen wiedergefunden, wen gewonnen? Worüber hast du geweint? Wo hat dein Herz geschlagen? Wo haben deine Augen gestrahlt? Wofür bist du dankbar? was macht dir Sorge? 

Ich wünsche heute jeder und jedem eine Stunde des Erinnerns.. Und ich wünsche allen, aber ganz besonders denen, für die die Schwelle in diesem Jahr besonders schmerzhaft ist, dass sie spüren dürfen, wie Gott sie durch dieses Wort auf seinen Armen über die Schwelle trägt. "Ich bin für dich. Ich halte zu dir." "Ich bin gewiss" sagt Paulus. Und es klingt, als würde seine Gewissheit auch für dich und mich mit reichen. Für den Fall, dass es uns an solcher Gewissheit fehlen sollte. "Ich bin gewiss" bekennt er in der Hoffnung, dass seine Gewissheit sich auf alle überträgt, die dieses Wort hören. "Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn." 

So vieles wird geschieden und getrennt unter uns. Aber diese Liebe bleibt. Sie bleibt, weil sie allein in Gottes Leidenschaft für uns gründet. In nichts sonst. Nicht in unserer Schönheit, nicht in unserer Gesundheit, nicht in unserem Können, nicht in unserem guten Benehmen. Das ist alles brüchig. Allein, weil die Liebe in Gott gründet, darum ist sie verlässlich. Darum kann uns nichts von ihr scheiden. Wäre Gottes Liebe in irgendetwas anderem begründet - und sei es unser Glaube - dann wäre sie nicht verlässlich. Denn wer kann denn für seinen oder ihren Glauben garantieren? Wenn wir nur halb so ehrlich sind wie Paulus, ahnen wir, wie sehr die Dinge, die er hier aufzählt, unserem Glauben zusetzen können: Trübsal, Angst, Verfolgung, Hunger, Gewalt. Wir dürfen die Liste gern weiterschreiben.

Wenn Gottes Liebe von uns abhängen würde, dann könnten wir einpacken. Dann könnte uns in der Tat viel von ihr trennen. Dann wäre kein Verlass auf sie. Spätestens im Tod, wo niemand mehr seiner mächtig ist, würden wir sie verlieren. Aber nein, beharrt Paulus, weder Tod noch Leben kann uns scheiden von der Liebe Gottes. 

Heute Abend feiern wir, weil nichts uns trennen kann von der Liebe Gottes. Weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges. Wir wissen nicht, ob es ein gutes neues Jahr wird. Vielleicht wird es ein schweres. Aber auch das Schwere, selbst das Bittere, wird nicht ohne Segen sein. Durch keinen Kummer gehen wir allein. In jeder persönlichen Katastrophe bleiben wir die Geliebten Gottes. Wer nicht allein geht, muss sich nicht fürchten – schon gar nicht in Gesellschaft des Christus, der Hölle und Tod besiegt hat. Wir feiern heute Abend, dass wir nicht allein sind. Gott setzt auf die Liebe. Er weiß, dass wir sie brauchen. Durch sie will er uns und diese Welt zurecht bringen, erfrischen, erneuern. Sie soll uns einhüllen, wenn wir zurückblicken. Sie soll uns den Blick färben, wenn wir vorausblicken, was wohl kommen mag im neuen Jahr. Und wenn wir üben, uns zu ändern oder etwas zu verändern, dann leite sie uns. 

Es bleibt dabei: Gott spricht: "Ich halte zu dir." Amen

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