( 1. Joh 4,7-12 ) - [ English ]
Es gibt Dinge, die hat man schon oft gehört. Und manchmal vielleicht auch zu oft und es klingt für einen schon abgedroschen. Und dennoch, so glaube ich, ist es notwendig, die Dinge nochmal zu sagen und neu mit Leben zu füllen. Ja, ich möchte von der Liebe reden. Das Schönste, was es gibt. Davon schreibt sehr fürsorglich der Apostel Johannes in seinem ersten Brief an uns unbekannte Christen, die wohl eher zu den „kleinen Leuten“ gezählt wurden, ungefähr im Jahr 90 nach Jesu Geburt:
Bibeltext vorlesen
Vollkommene Liebe. Ein schöner Gedanke. Wie wunderbar wäre das, Ihr Lieben. Wie wunderbar ist das. Diese vollkommene, bedingungslose Liebe spüren wir bei Gott. Und wer sich geliebt weiß und selbst liebt, erkennt in dieser Liebe den für unsere Augen ansonsten unsichtbaren Gott.
Die Liebe ist von Gott – und wir sollen sie leben. In unserer Familie, bei Freunden, Christen oder Nichtchristen… und… und das ist die Herausforderung, besonders auch bei denen, die wir vielleicht gar nicht mögen.
Liebe begegnet uns immer da, wo Menschen Beziehungen gestalten. Ich habe im Bibeltext die Verben unterstrichen: lieben, lieb haben, geboren, kennen, erschienen, gesandt, leben sollen, geliebt, bestehen, sehen
Und auch die Substantive fielen mir auf: Ihr Lieben, Sohn, Welt, Versöhnung, Sünden, Gott, Liebe
Gott und die Liebe dominieren diese Zeilen. Und damit zusammenhängend alle Aktionen, die aus Liebe geschehen: Gott wird Mensch in seinem Sohn, kommt in die Welt, weil er uns so sehr liebt. Er will, dass wir ihn kennen, unsere Augen geöffnet werden. Gott möchte Leben für uns, uns herauslieben aus jeder Verstrickung, in der wir gefangen sind. Und das wird dann möglich, wenn wir die Liebe Gottes in seinem Sohn annehmen und uns versöhnen lassen mit Gott, mit anderen und uns selbst, immer wieder.
Da bin ich und da bist Du. In welchem Geist gehen wir miteinander um? In einer Ehe und Familie, in einer Kirchengemeinde, unter Nachbarn, Arbeitskollegen und Freunden? Ist da etwas von diesem Geist der Liebe spürbar? Auch in unserer Johannesgemeinde leben viele Beziehungen auf und Menschen bringen sich ein in den unterschiedlichen Gruppen und Kreisen. Da eben, wo ihr Herz schlägt. Ihr konntet euch, liebes Visitationsteam, seit Freitag ein Bild davon machen. Wenn auch nur einzelne Ausschnitte aus dem Großen Ganzen. Viele Gespräche konntet ihr führen und selbst hören, wo die Menschen Gemeinschaft gestalten, liebevoll miteinander umgehen und auch Nöte spüren und vielleicht auch heraushören, wo es Unstimmigkeiten gibt.
Wo alles funktioniert, ist Liebe einfach, aber gerade dann, wenn es nicht rund läuft, dann kommt es drauf an, in welchem Geist wir miteinander umgehen. Ist da dann auch Liebe spürbar? Zu lieben kann schwere Arbeit sein. Gerade dann, wenn das Gegenüber nicht so recht in meine Vorstellungen passen mag oder eine andere Meinung hat als ich. Liebe verlangt manchmal Opfer, Ihr Lieben. Es kann freiwillig gegeben oder mit Macht eingefordert werden. Das Wort Opfer klingt erst einmal im Zusammenhang mit dem Wort Liebe erst einmal fremd, aber wer in Beziehungen lebt, weiß, dass Opfer gebracht werden müssen. Wenn man nicht auf sein Recht pocht z.B., sondern sich zurückhält, wenn man jemanden pflegt, den man liebt, weil Krankheit oder das Alter in die Liebe kommt.– all das und noch viel mehr können Opfer sein, um der Liebe willen. Also auch um Gottes willen, der die Liebe ist und von uns Liebe zueinander erhofft und erbittet.
Manche Beziehungen halten nicht. Ich bin weder dafür, Beziehungen leichtfertig zu beenden, wenn mal etwas nicht gut läuft, noch bin ich dafür, eine Beziehung zum Leiden aller krampfhaft aufrecht zu erhalten. Auf jeden Fall steht es keinem Außenstehenden zu, andere Beziehungen zu bewerten und zu verurteilen. Ich möchte vielmehr für jemanden eine Hilfe sein oder einfach da sein, wenn es in der Beziehung kriselt.
Liebe ist mehr als ein glitzerndes Spiel, das man heute spielt und morgen vielleicht wieder sein lässt. So ist Liebe meistens nicht. Sie ist manchmal ein schöner Rausch, Gott sei Dank, manchmal ist sie auch schwere Arbeit. Und Opfer. Gott selbst weiß das. An ihm können wir selbst studieren wir, wie Liebe Widerstände durchbricht und neue Anfänge setzt. Gottes Liebe scheut vor nichts zurück. Sichtbar ist sie geworden in Jesus Christus: wie er Menschen begegnete, sie in den Arm nahm und tröstete. Dennoch – trotz allen Versagens. Und der schließlich ans Kreuz ging. Sich selbst opferte. Aus Liebe. Der auferstand und einen neuen Anfang setzte.
Wir sind es gewohnt, für das anerkannt und geliebt zu werden, was wir geleistet haben, was wir darstellen im Leben. Hier wird unser gewohntes Denken auf den Kopf gestellt: Gott liebt dich – das brauchen wir uns nicht zu erarbeiten, wir dürfen es annehmen und uns gefallen lassen.
Grenzenlos ist diese Liebe, für die wir so gar nichts tun können. Wer diese grenzenlose Liebe spürt, kann gar nicht anders. Er geht selbst über Grenzen hinweg und macht neue Anfänge.
Die Liebe Gottes zu uns ist von der Liebe unter uns nicht zu trennen.
Liebe, wie Gott sie meint, kommt von ihm und hat seine Art an sich: barmherzig, friedevoll, befreiend – zum Lebendig sein.
Diese Liebe zeigt sich im alltäglichen Tun und Lassen..
Liebe, wenn Gemeindeglieder andere anrufen, weil sie wissen, dass der andere sich darüber freut, wenn in einer whatsapp Gruppe geklärt wird, wer wen dem kranken Gemeindeglied Essen kocht.
Wenn Menschen aus eigenem Antrieb oder mit einem Besuchsdienst eine andere besucht und ihr zuhört und Trost zuspricht.
Wenn eine Gruppe sich trifft, um einen Trauerkurs zu machen, alle Nöte und Traurigkeiten ihren Ort finden und man dann sich gemeinsam stärkt.
Wenn Liebe überströmt, über unsere Gemeinde hinaus, hinein in Townships durch alle diakonischen Projekte, die wir haben.
Ich könnte noch eine Menge Beispiele aus unserer Gemeinde nennen. Wo Liebe überströmt. Auf Menschen. Diese Liebe kommt nicht aus uns selbst. Es ist Gott, der dahinter steht, weil er uns zuerst geliebt hat. Ein tröstlicher Gedanken, wie ich finde. Ich muss die Liebe nicht selbst machen, ich darf Gott darum bitten. Dass wir möglichst oft seinen Wunsch erfüllen können und ihn dabei spüren: Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollkommen.
Wo Liebe ist, da sehen wir Gott. Denn Gott ist Liebe. Amen.