2024-03-31 - Ostern - (DE) - Pfarrerin Nicole Otte-Kempf

1. Sam 2, 1-8 ) - [ English ]


Damit hat sie nicht gerechnet, liebe Gemeinde. Im Leben nicht.

Dabei hat sie sehr oft gerechnet. Seit sie denken kann. Und hat die Tage gezählt, gehofft und gewartet. Mit den Jahren wurde sie mutlos und hoffnungslos. Alle Freundinnen haben längst Kinder. Und sie? Sie hat Tränen. Das Weinen steckt ihr immer im Hals. Den Appetit hat sie längst schon verloren. Am Mann liegt es mit Sicherheit nicht. Der hat ja Kinder...mit der anderen. Nur sie hat keine. So tief sitzt ihre Traurigkeit, dass sie nicht sprechen kann. Betet wortlos. Stammelnd, so dass ein anderer schon meint, sie sei betrunken.  

Und dann, nach Jahren, als wär’s das Natürlichste der Welt: Der Sohn. Das lang ersehnte Kind kommt. Unfassbar. Nicht mehr geplant, nicht zu berechnen, im Leben nicht. Und das Glück ist unvorstellbar groß. Es fehlen die Worte. Da ist nur Musik.


1Und Hanna betete und sprach: Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn, mein Horn ist erhöht in dem Herrn. Mein Mund hat sich weit aufgetan wider meine Feinde, denn ich freue mich deines Heils.

2Es ist niemand heilig wie der Herr, außer dir ist keiner,und ist kein Fels, wie unser Gott ist.

3Lasst euer großes Rühmen und Trotzen, freches Reden gehe nicht aus eurem Munde; denn der Herr ist ein Gott, der es merkt, und von ihm werden Taten gewogen.


Ich habe es am eigenen Leib erlebt, singt Hanna. Ich bin schwanger geworden. Gott hat mich gesegnet. Mich, von der alle dachten: Die ist längst welk und vertrocknet. Leben bricht sich dort Bahn, wo niemand es glaubt. Alles ist möglich bei Gott. Ich hätte nicht damit gerechnet, im Leben nicht. Aber jetzt ist da Zukunft. Für mich. Für das Volk. Für die Welt – und für Gott.


4Der Bogen der Starken ist zerbrochen, singt Hanna, und die Schwachen sind umgürtet mit Stärke.

5Die da satt waren, müssen um Brot dienen, und die Hunger litten, hungert nicht mehr. Die Unfruchtbare hat sieben geboren, und die viele Kinder hatte, welkt dahin. 

6Der Herr tötet und macht lebendig, führt ins Totenreich und wieder herauf.

7Der Herr macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht.

8Er hebt auf den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen aus der Asche, dass er ihn setze unter die Fürsten und den Thron der Ehre erben lasse. Denn der Welt Grundfesten sind des Herrn, und er hat die Erde darauf gesetzt


Am Anfang der Samuelbücher, der Geschichte vom Aufstieg Israels steht eine Geschichte voller „Zerbrechlichkeit, Überraschung und Treue“, von einer Frau, die ihre Stimme findet und singt von Gottes Herrlichkeit.

Liebe Gemeinde, auch eine andere findet ihre Stimme und singt. Aber anders als Hanna, denn sie hatte nicht damit gerechnet. Im Leben nicht. Denn sie hat gar nicht gerechnet. Sie war noch so jung. Fast selbst noch ein Kind. Doch dann ist da der Engel. Und nach Wochen, als wär’s das Natürlichste der Welt, hüpft das Kind in ihrem Bauch. Bewegt sich. Bewegt sie. Und Maria singt: Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder. Denn er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig ist. Und seine Barmherzigkeit währet für und für bei denen, die ihn fürchten. Er übt Gewalt mit seinem Arm und zerstreut, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn. Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen. Er gedenkt der Barmherzigkeit und hilft seinem Diener Israel auf, wie er geredet hat zu unsern Vätern, Abraham und seinen Nachkommen in Ewigkeit.

Ohne Hanna keine Maria. Ohne Maria kein Weihnachten und auch kein Ostern. Die Lieder der beiden sind sich sehr ähnlich. In der Freude so nah. Lang ersehnt und kaum mehr erhofft bei der einen, überrascht, überrumpelt die andere. Die Erfahrung: Unberechenbar ist Gott. Er ist einfach da und schafft Tatsachen und zeigt einen Weg. Manchmal so ganz anders, als wir es uns ausgedacht haben. Er dreht unten und oben um, er macht Leben neu und ist auf der Seite der Kleinen und manchmal Verachteten. Bei den Schwachen, den Frauen und Kindern. Er macht die groß, die bei anderen nichts zählen. Er schafft Leben und Hoffnung und Zukunft. Und dann? Dann kommt der Tod dazwischen und durchkreuzt alle Pläne. Das bejubelte Kind stirbt am Kreuz.

Übt Gott da Gewalt mit seinem Arm, so anders, als grad noch gesungen? Die Frauen am Kreuz, haben sie damit gerechnet oder nicht doch auf ein Wunder gehofft? Wenn Gott das Leben will, wenn er Leben schenkt, wie kann er dann Jesus am Kreuz so sterben lassen? 

Sie haben nicht damit gerechnet, liebe Gemeinde. Im Leben nicht. Und schon gar nicht im Tod. Maria, die andere. Und Salome. Und Maria aus Magdala. Die Tränen stecken ihnen im Hals. Demütigungen hören sie von anderen. Als wären sie einem Hirngespinst hinterhergelaufen. Die Träume sind am Ende. Gehofft hatten sie und gewartet. Vergeblich. Kein Lied ist in der Luft. Nur der Jüngling am Grab. Er ist nicht hier. Wo dann? Als wär’s das Natürlichste der Welt. Und dann das: Ihr werdet ihn sehen. Ist das jetzt ein Witz? Hannas Lied liegt so nah: Lasst euer großes Rühmen und Trotzen, freches Reden gehe nicht aus eurem Munde; denn der Herr ist ein Gott, der es merkt... Das müssen sie erstmal begreifen.

Gott hat etwas gegen den Tod? Ja, ganz genau. Gott hat etwas gegen den Tod. Gott ist für das Leben.  Da klingt doch Hannas Lied in der Luft:   

Der HERR tötet und macht lebendig, führt ins Totenreich und wieder herauf. Der HERR macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht.…Denn der Welt Grundfesten sind des HERRN, und er hat die Erde darauf gesetzt.

Die Grundfeste erschüttert. Gott führt ins Totenreich und wieder herauf, ist das wirklich wahr? Wer kann damit schon rechnen? Das Leben ist unberechenbar. Es bricht sich hier Bahn. Die Liebe bricht sich heute Bahn. Damals am Ostermorgen. Heute, am Sonntagmorgen geschieht die Auferstehung. Weil Gott liebt. Gottes Liebe in Ewigkeit – das heißt eben nicht: Bis dass der Tod uns scheidet. Das heißt: Darüber hinaus. Der Tod hat nicht die Macht, Beziehungen zu beenden. Nicht die Beziehung zu Gott. Nicht die Beziehung zwischen uns und unseren Toten.

Christus ist auferstanden, das hören die Frauen am Grab. Erst langsam können sie fassen. Es braucht oft ein Leben lang, um das zu fassen.

Wenn Jesus wieder lebt, dann heißt das: Auch unsere Liebsten dürfen dann leben? Dann ist Leben möglich? Ja, so soll es geschehen. Da wird Leben neu. Auch da, wo alles leer ist, vertrocknet und welk. Auch da, wo alles überstürzt so anders kommt als geplant.

Zukunft liegt in der Luft. Für uns, für die Welt – und für Gott. Damit hat niemand gerechnet, im Leben nicht. Aber seither dürfen wir damit rechnen. Nicht nur im Leben, sondern weit darüber hinaus. Gott hat etwas gegen den Tod:

Christus ist auferstanden, liebe Gemeinde. –

Er ist wahrhaftig auferstanden.

Amen  

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