2024-05-12 - Exaudi - (DE) - Pfarrerin Nicole Otte-Kempf

Johannes 16,5-15


predigt english


„Jetzt ist es aber wirklich gut!“ schreit jemand sehr aufgebraucht und knallt die Tür zu. Eine Szene, wie sie sich an verschiedenen Orten immer wieder einmal abspielt. Was folgt, ist ein Abschied. Einer geht, entweder nur für eine bestimmte Zeit oder sogar für immer. 

„Jetzt ist es aber wirklich gut.“ Sagt er oder sie aufgeregt. Dabei ist aber deutlich: es ist gar nicht gut. 2 oder drei haben miteinander gestritten und haben keine Lösung gefunden. Das belastet einen. Und der Konflikt verschwindet nicht dadurch, dass einer die Tür zuknallt und geht. So ein Abschied ist kein guter Abschied. 

Aber gibt es im Leben gute Abschiede? Meistens sind Trennungen eben auch schmerzhaft, selbst dann, wenn nicht ein Streit der Grund dafür ist. 

Wo ich etwas zurücklassen muss, wo ich nicht weiß, wie geht es weiter? Wo man etwas verlässt oder verlassen wird und es vermisst. Ein Ort, einen Menschen, eine Lebensphase, Träume und Erwartungen. Dort ist immer auch Trauer dabei. Wenn es nicht so weitergeht wie bisher. 

Die notwendigen Schritte in die Zukunft sind meist vorsichtig, zaghaft – vielleicht auch ängstlich. 

Auch den Jüngern von Jesus geht es so, als Jesus zu ihnen folgende Worte bei seinem Abschied von ihnen zuspricht. Wir finden sie im Johannesevangelium im 16. Kapitel: Ich lese aus der Übersetzung der Guten Nachricht. 

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Ich kann mir die überraschten Gesichter der Jünger vorstellen: „Wie bitte? Das soll gut für uns sein? Überhaupt nichts ist gut, wenn du gehst. Wir haben für dich unsere Familien und unsere Berufe verlassen. Wir haben alles auf dich gesetzt. Wir haben unser Schicksal an deines gehängt. Zusammen haben wir schon einiges erlebt und erleiden müssen. Da kannst du doch jetzt nicht einfach gehen und sagen: „Es ist gut so. Denn es ist eben nicht gut, wenn du gehst.“ 

Da geht es den Jüngern ähnlich wie vielleicht so manch einer Familie hier in Südafrika. Der Sohn, die Tochter hat vieles probiert, einen Job zu bekommen, aber es hat nicht funktioniert. Viele von euch mussten die Kinder schon ziehen lassen. Nach Amerika, England, Australien und Deutschland und andere Orte in der ganzen Welt. Unsere Johannesgemeinde kennt das, Abschied zu nehmen. 

 „Es ist gut, wenn ich jetzt gehe“. Einerseits freut man sich für die Zukunft der Kinder, die an einem anderen Ort möglich werden, aber sicher ist da auch Ungewissheit und Angst bei denen, die zurück bleiben. Wird es gut gehen für mein Kind? Wird es sich lohnen? Wie oft können wir uns sehen? Und was wird aus mir? 

Wir sind uns sicher einig, Abschiede sind manchmal notwendig. Das gilt für eine Chorreise, einen Wechsel an einen anderen Ort, in einen anderen Beruf oder in ganz alltäglichen Situationen.  Solch ein Abschied ist nicht schmerzfrei, aber gut, weil Neues entstehen kann. Auch bei denen, die zurück bleiben. 

Dafür ist es aber notwendig, dass man darauf vertrauen kann, dass die Zukunft Gutes bereithält. Die einzelnen Familienmitglieder brauchen die Vergewisserung, dass der Kontakt untereinander trotz großer Entfernung bestehen bleibt und in jeder Notlage jeder für jeden bereit steht. Und die Jünger Jesu brauchen sein Versprechen, dass sein bevorstehender Abschied nicht in eine Sackgasse führt.

„Ich gehe jetzt!“ sagt Jesus „Aber ich lasse euch nicht allein, sondern ich werde bei euch sein durch den Heiligen Geist. Ich weiß, das ist für euch jetzt schwer zu verstehen. Doch ich bin mir sicher, ihr werdet es erkennen. Es bleibt eine Sache des Glaubens und Vertrauens. Aber ich stehe zu meinen Worten. Deswegen braucht ihr nicht traurig sein. Vertraut mir, ich habe für euch vorgesorgt und bin für euch nicht aus dieser Welt.“ 

Für die Jünger haben diese Worte eine Tür zur Zukunft aufgeschlossen. Der bevorstehende Abschied führt nicht in eine Sackgasse. Jesus geht nicht einfach so und lässt seine Jünger orientierungslos zurück. Sondern Jesus sorgt weiterhin für sie. Seine Liebe verlischt nicht. Es ist nicht alles vergessen, was er für die Menschen tat. Aber Jesus ist heute anders unter uns als in jenen Tagen. Eine neue Zeit ist angebrochen, in der Gott den Menschen anders nahe ist als vorher. 

Neben dem, was war, rückt nun eben auch das, was sein wird, in den Blick. Der Heilige Geist, der Helfer und Tröster, ist ein Geist der Möglichkeiten. Er redet und erschafft das, was noch nicht ist, aber noch werden soll und werden wird: er macht Versöhnung möglich, wo wir nur verhärtete Fronten entdecken. Er schafft einen klaren Blick, wo er uns zuerst fehlt. Menschen finden durch ihn zu neuem Vertrauen. 

Auch das lässt sich zu Pfingsten entdecken: Gott geht über Abschiede hinweg mit auf den Wegen in die Zukunft. Zugeschlagene Türen zu Gott und zu anderen Menschen werden nicht auf ewig verschlossen bleiben. Sondern durch das Wirken des Hl. Geistes öffnen sich solche Türen wieder. Auf Abschiede folgt ein herzliches Wiedersehen. Auf den Tod folgt Leben. Das Ende von etwas ist der Neubeginn etwas anderen. Der Heilige Geist schenkt und weckt Neugier, Interesse und Vertrauen Gott gegenüber. Und Menschen entdecken so, dass Gott nicht enttäuscht, sondern Enttäuschungen überwindet. 

Die Jünger erfahren zu Pfingsten genau das: Gott steht zu seinem Wort. Es geht weiter, obwohl Jesus nicht mehr sichtbar unter ihnen ist. Menschen empfangen Gottes Geist, geraten in Begeisterung und finden Vertrauen zu Gott. So entsteht Kirche. Zu Pfingsten ist etwas davon zu erkennen, dass Gott neu anfängt trotz aller Abschiede. 

Und doch bleibt mancher Abschied schwer. Manche Tür, die Menschen voreinander zu schlagen, bleiben geschlossen – ein Leben lang. Das ist schmerzhaft. Und doch bleibt der Grundton eines Lebens mit Gott ein anderer: Wie schmerzhaft die Abschiede des Lebens auch sein mögen: am Ende des Weges mit Gott ist doch nie ein zugeschlagene Tür. Sowenig gut es zwischen Menschen manchmal ist, so gut wird es doch, wenn Gott Schuld überwindet und die Dinge zum Guten wendet. Und auch dies geschieht immer wieder. 

Da öffnet einer nach einer Weile die Tür, die er zuvor wütend zugeschlagen hatte. „Entschuldige bitte! Da habe ich wohl überreagiert. Aber ich habe mich so über dich geärgert.“ Wenn sie dann einander vergeben, lässt sich für einen Moment etwas davon spüren, wie der Hl. Geist heute wirkt. Wege zueinander, Wege zu Gott und Wege in die Zukunft stehen dann wieder offen.

Jesus lässt seine Jünger zurück und sagt. „Es ist gut für euch, dass ich fortgehe.“ Denn Gott selbst bleibt sich und uns treu. Der Hl. Geist kommt in die Welt. In ihm ist Gott selbst uns nah. Jesus nimmt Abschied und sagt „Jetzt ist es aber wirklich gut“. Bei ihm klingen diese Worte nicht ärgerlich. Sondern liebevoll und ernst gemeint. Denn Gott geht mit auf den Wegen in die Zukunft. Und so ist es dann auch wirklich gut. 

Amen

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