2024-06-23 - 4. Sonntag nach Trinitatis - (DE) - Pfarrerin Nicole Otte-Kempf

1. Samuel 24,1-23


predigt english


Liebe Gemeinde, Jemandem so richtig eins auswischen, weil wir uns von ihm oder ihr ungerecht behandelt fühlen. Christlich ist das nicht. Das Wissen wir alle. Aber menschlich schon. Da fühlt sich einer gekränkt und reagiert nicht mehr sachlich. Und in den Nachrichten ist oft von Gegenschlägen die Rede. Wie du mir, so ich dir. Hier eine Bombe, da eine Bombe. Selten hören wir davon, wie jemand verschont wird.  Wie hoffnungsvoll könnte das sein. Nicht nur von Katastrophen zu hören, sondern auch von den Lichtblicken unter uns Menschen. Und man selbst und andere auch würden davon vielleicht inspiriert werden. Könnte unsere Welt nicht eine bessere werden?

Dann würden wir von Menschen hören, die für andere da sind, wenn sie trauern oder bei einem Unglück alles verloren haben. Die Essen vorbei bringen, trösten. Oder von einer Frau, die Geld sammelt, schon seit Jahren, Vorträge hält in der Schweiz und Deutschland, für Obdachlose in Südafrika. Und das Jahr über umherfährt und Essenspakete verteilt. Einfach so. Unbemerkt von der Weltöffentlichkeit. Oder von einer Frau, die Familien zusammenführt, Brüder, die noch nie miteinander konnten. Und nach vielen Jahren wagt sie es, behutsam Kontakte zu knüpfen, das Alte in der Vergangenheit ruhen zu lassen, um neue Begegnungen zu ermöglichen. Mit guten Gesprächen und notwendigen Aussprachen.  

Solche Geschichten möchte ich gerne hören. Geschichten, in denen ich nachspüren kann, wo wir einander menschlich begegnen. 

Jesus hat auch Geschichten erzählt, weil es Leichter ist, Geschichten zu erzählen, wenn es um komplexe Zusammenhänge geht. Geschichten, wie es ist, wenn Gottes Reich anbricht. Geschichten, in denen ich mich auch heute noch wiederfinde Damit steht Jesus in einer Tradition. Denn auch im Alten Testament werden uns Geschichten erzählt, die so oder so ähnlich oder ganz anders passiert sind. Die aber Menschen so verstanden haben und weitererzählt, weil sie etwas darüber sagen, wie Menschen miteinander umgehen oder umgehen sollten. Meistens passiert nichts einfach nur so. Alles hat eine Vorgeschichte.

Von einer komplexen Geschichte möchte ich euch heute auch erzählen. Sie ist Predigttext und ich denke, es ist wichtig, kurz zu hören, was bisher geschah: Saul war König in Israel, von Samuel gesalbt und er führte viele Kriege gegen alle benachbarten Feinde. Einmal, als er gegen die Amalekiter kämpfen sollte, im Auftrag Gottes, da tat er nicht, was Gott von ihm verlangt hatte. Und von da an war klar, Sauls Königsherrschaft würde zu Ende gehen. Der Aufstieg eines anderen wurde angebahnt, wieder durch Samuel. Er salbte den Hirtenjungen David zum König, der auch Harfe spielen und zuweilen die Stimmung von Saul aufheitern konnte, den ein böser Geist von Zeit zu Zeit quälte. David war gut im Kampf, gegen Goliath hatte er sich beweisen können. Liebe Gemeinde, Saul beginnt David zu hassen, denn David war beliebt im Volk und er wollte ihn loswerden. Mehrere Male. Hier beginnt unser Predigttext 

1. Samuel 24,1-23 vorlesen

Liebe Gemeinde, ich kann es vor mir sehen, wie David und seine Männer hinten in der Höhle sich verkriechen, den Atem anhalten, weil sie von Saul und seinen Männern nicht entdeckt werden wollen. Und Saul musste seine Notdurft verrichten. Und die Männer sagten zu David: nun los, das ist die Gelegenheit. Und David hätte sich auf das prophetische Orakel berufen können. Siehe, das ist der Tag, von dem der Herr zu dir gesagt hat: Siehe, ich will deinen Feind in deine Hand geben, dass du mit ihm tust, was dir gefällt. David schleicht sich an, mit dem Messer in der Hand. Und er fragt sich: soll ich es tun oder nicht? Da sind die kleinen und großen Konflikte in meinem Leben, Menschen, die mich zur Weißglut bringen. Und ich spüre die Versuchung, heilige Grenzen, die ich für mich erkannt habe, eben doch zu überschreiten. Und dem anderen zu schaden, koste es, was es wolle. Um mir das zu nehmen, was mir rechtlich zusteht. Das, liebe Gemeinde, nennt man Rache. Aber David schneidet nur den Zipfel vom Rock Sauls, mit klopfendem Herzen und er weist seine Männer zurecht. 

David wagt einen eigenen Schritt. Mutig folgt er Saul hinaus aus der Höhle. 

Um einen Konflikt zu lösen, braucht es den richtigen Zeitpunkt. Den schenkt hier Gott. Und beide Parteien müssen bereit sein, dem anderen zuzuhören.David wirft sich vor Saul nieder. Er spricht ihn an als Vater, als Herrn, als König von Israel. Saul weint, weil er einsieht, dass Macht, Gewalt und Rache nicht der Weg ist, der zum Frieden, auch nicht zum inneren Frieden führt. Er hört David zu und erkennt, dass er verbittert ist und darin gefangen. Und ich frage mich: wo bin ich so verhakt wie Saul, verkrümmt in mir selbst, dass ich es nicht schaffe, aus meinem Verhalten auszubrechen? Da weiß man doch manchmal genau, dass eine Reaktion nicht richtig ist und ist dennoch wie gefangen im eigenen Denken.

Weil David Gott ins Spiel bringt und ihn als Richter zwischen sich und Saul stellt, ist es ihm möglich, Saul nichts anzutun. Saul weiß, dass David König werden wird. Und David schwört ihm, dass er sein Geschlecht nicht ausrotten wird. Die Geschichte könnte mit dieser Versöhnung enden. Aber der Friede wird nur von kurzer Dauer sein. Und oft genug machen wir die Erfahrung, dass Konflikte, große wie Kleine nicht dauerhaft gelöst werden. Es bleibt dann bei Momenten des Friedens. In Konflikten des Alltags ebenso wie bei den großen Konflikten des Weltgeschehens. Die Ungerechtigkeiten auf Erden schreien zum Himmel. Es bleibt die Hoffnung, dass am Ende aller Tage Gott der Richter sein wird, dass der große Versöhnungstag über uns hereinbricht, dass Gott selbst diese Gerechtigkeit schafft, dass er uns als Täter zurechtbringt und als Opfer aufrichtet. Und wenn es im hier und jetzt punktuell gelingt und wir davon weiter erzählen, wenn diese Geschichten, wo von Frieden die Rede ist und davon, wie wir menschlich miteinander umgehen und einer verschont wird, sich ausbreiten, da werden andere vielleicht mutiger, ebenso zu handeln. 

Wir müssen nicht übereinander Richter sein. Und wir sollen es auch nicht sein. Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. Ich bin mir sicher: unsere Welt könnte eine bessere werden.

Gott stellt die Gerechtigkeit her. 

Und der Friede Gottes, der größer ist als jeglicher Friede, den wir machen können, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

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